Veranstaltung: | Kreismitgliederversammlung 14.09.2024 |
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Tagesordnungspunkt: | 2.2 Elf BDK Ersatzdelegierte |
Antragsteller*in: | Tom Oettinger (KV Frankfurt) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 13.09.2024, 22:09 |
Tom Oettinger
Selbstvorstellung
Liebe Freund*innen,
ich möchte damit beginnen, euch eine persönliche Geschichte zu erzählen:
Vor ca. einem halben Jahr stand bei mir ein Familientreffen an und beim Abendessen drehte sich die Unterhaltung um Politik. Und diese Unterhaltung, sie war, wie vieles zurzeit, eine Zumutung:
Es fing an bei der Gasheizung, die ja noch gut funktioniere und dem Fleisch, das einem halt schmecke und das man auch weiterhin essen wolle. So weit, so stammtischtypisch. Jedoch endete die Unterhaltung damit, dass es hieß, die Ausländer seien ja so anders, könnten sich nicht anpassen und sollten eigentlich sowieso wieder „nach Hause“.
An diesem Abend wurde ich einmal mehr bestärkt in dem Gefühl, welches ich aktuell stärker denn je empfinde: Angst.
Jetzt, nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen und vor der Wahl in Brandenburg habe ich Angst. Angst vor Gesprächen, beim Familientreffen, nach denen man am liebsten einander nicht mehr sehen möchte, vor gesellschaftlichen Zerwürfnissen, vor dem Unmöglichwerden von Kompromissen, vor Meinungen, die mehr zählen als Fakten, vor Hass, der von der politischen Rechten geschürt und medial aufgegriffen wird und sich dann in Gewalttaten entlädt. Kurzum: Ich habe Angst vor einer Gesellschaft, die so gespalten ist, dass sie nicht mehr funktioniert und allen schadet.
Außerdem bin ich aus einem weiteren Grund mindestens besorgt:
Ich habe im Dezember letzten Jahres meinen Mitgliedsantrag ausgefüllt, weil ich die Problemlösungsstrategie unserer Partei stets außergewöhnlich gut fand. So haben wir komplexe Probleme erkannt und als solche behandelt, da es eben oft keine einfachen Antworten gibt.
Zudem haben wir es geschafft, den gesellschaftlichen Diskurs zu kontroversen Themen auch innerparteilich aber trotzdem transparent und öffentlich zu führen, sodass sich alle gehört fühlten.
Mittlerweile habe ich aber die Sorge, dass uns genau dies nicht mehr gelingt, dass uns eines unserer wichtigsten Alleinstellungsmerkmale abhanden kommt.
Für mich steht fest: Wie man Feuer nicht mit Feuer bekämpft, so dürfen wir dem Populismus keinen eigenen Populismus und der Angst keine eigene Angstmacherei entgegensetzen. An dieser Stelle möchte ich auf Luisa Neubauer verweisen, die kürzlich auf einer Demonstration in Erfurt von „radikaler Zuversicht“ sprach. Das klingt vielleicht paradox, aber ein Blick in die USA, in denen sich das Populismus-Karussell noch deutlich schneller dreht, zeigt: Es funktioniert, die ewige Abwärtsspirale ist scheinbar überwunden.
Und genau das ist es, was wir in Zukunft brauchen: Ein Zukunftsentwurf, der Menschen wieder Zuversicht und Halt gibt, der allen in unserer Gesellschaft wieder das Gefühl gibt, gehört zu werden. Statt bei den nahezu Mittellosen Verteilungskonflikte aufzumachen und Arm gegen Arm auszuspielen, brauchen wir eine soziale, eine solidarische Politik, um dafür zu sorgen, dass Klimaschutz kein Privileg, gesellschaftlicher Zusammenhalt kein Wunschdenken und echte Aufstiegschancen nicht den Reichen vorbehalten bleiben. Denn eine antifaschistische Politik bedeutet, dem Faschismus den Nährboden zu entziehen, statt ihn durch eine immer weitere Annäherung in die politische Mitte zu rücken und damit zu legitimieren.
Als Unterstützung und Backup für die Hauptdelegierten möchte ich mich genau dafür einsetzen. So, wie ich schon im Privaten, sei es in der Schule oder in der Familie nie kontroversen Diskussionen und Streit aus dem Weg gegangen bin, so möchte ich das auch in dieser, für uns sehr wichtigen Zeit tun.
Liebe Freund*innen, mit einer Stimme für mich bekommt ihr eine entschiedene Stimme für ein starkes grünes Profil, für einen solidarischen Zukunftsentwurf, für eine Wiederbelebung unserer innerparteilichen Diskussions- und Debattenkultur, von der wir als Partei leben, dafür, dass man zukünftig wieder zu Familientreffen gehen kann, ohne Angst vor hetzerischen und spalterischen rechten Stammtischparolen haben zu müssen und dafür, dass wir dieser Angst eine Politik der radikalen Zuversicht entgegenstellen, denn Zuversicht und Hoffnung sind stärker als jede Angst.
Euer Tom
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Zu mir:
- 2006 in Frankfurt geboren
- seit 2,5 Jahren im Nordend wohnhaft
- in der Q3 (Jhg. 13) der Elisabethenschule
- Leistungskurse Politik & Wirtschaft sowie Chemie
- für die Schulkonferenz und den Stadtschüler*innenrat delegiert
- Ende 2023/Anfang 2024 Beitritt bei B90/Die Grünen
- seit Juli 2024 im Social-Media-Team der GJ Frankfurt
- Alter:
- 18
- Geschlecht:
- männlich
- Geburtsort:
- Frankfurt am Main